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AutorenbildBjörn Klein COACHING

Was ist der größte Fehler der meisten Coaches? Und der meisten Unternehmer?





In einer Facebook-Gruppe las ich vor Kurzem folgende Frage:


"Durch deine Erfahrung: Was glaubst du, ist einer der größten Fehler, den die meisten Coaches & Unternehmer machen?"


Hier meine Antworten, als Copy & Paste:


Coaches machen mehrere "größte Fehler".


1. Fehler: Sie missverstehen sich selbst als Coaches, obwohl sie eigentlich Marketing-Profis oder digitale "Fließband-Arbeiter" sind, die Schemata abspulen. Sie verwechseln z. B. standardisierte "Rezepte" und situative Interventionen und haben von letzteren keine Ahnung. Dadurch können sie eigentlich überhaupt keine Verantwortung als Coaches übernehmen. Das schadet nicht nur dem eigenen Business, sondern dem Ansehen des ganzen Berufszweigs.


2. Fehler: Sie nehmen sich selbst zu wichtig und denken, ihre Nischen-Tätigkeit stehe im Zentrum des Welt-Needs.* Dadurch wirken sie unverhältnismäßig, realitätsfremd, teilweise sogar manisch. Das schadet nicht nur dem eigenen etc. (s. o.)


3. Fehler: Sie orientieren sich an social-medialen Trends**, anstatt bei der Sache zu bleiben und ihr eigenes Tun aus der alltäglichen Arbeitspraxis (falls sie eine solche überhaupt haben) weiterzuentwickeln. Dadurch wirken sie an der sukzessiven Verminderung von Coaching-Qualität mit. Das schadet nicht nur dem eigenen etc. (s. o.)


4. Fehler: Sie stärken sich nicht ausreichend durch Lebens- und Arbeitserfahrung, um die Freiheit ihres Jobs aushalten, die volle Verantwortung für ihren Job übernehmen und den sog. Coachees die volle Verantwortung für ihre Entscheidungen - inkl. derjenigen, mit wem sie arbeiten wollen - überlassen zu können. Dadurch tendieren Coaches dazu, manipulativ und spießig zu werden. Sie wollen, dass alles im Rahmen des für sie Überschaubaren und Kontrollierbaren bleibt. Entsprechend wird, soweit sich diese Attitude kultiviert, die ganze Coaching-Branche verkleingärtnert. Das ist a) langweilig, b) wenig hilfreich, c) ergebnis-beschränkt und als Folge d) aussichtsarm bzw. zukunftslos für die sog. Coachees.


"Größte Fehler" von Unternehmern.


1. Fehler: Sie denken nicht genug out of the box, um einen wirklichen Unterschied machen zu können.


2. Fehler: Sie haben zu viel Angst, um persönlich wirklich glücklich und erfolgreich werden zu können, und nutzen ihre Angst als Kompass.


3. Fehler: Sie suchen Sicherheit in strapaziösen Teufelskreisen.


4. Fehler: Sie arbeiten mit Coaches, die nicht wissen, was Coaching ist, sondern shiny objects der Unternehmer bestätigen. D. h. die Unternehmer bezahlen die Coaches für die Aufrechterhaltung von Illusionen und Grenzen und für die Beruhigung eigener Zweifel. Fehler 1 bis 4 behindern Entwicklung, Innovation, Expansion/Fülle, (wo sie nötig wäre:) Transformation.


____________________


*Das soll nicht heißen, dass Coaching unwichtig oder sinnlos sei. Ich finde nur: Man sollte im beruflichen Selbst-Framing, insbesondere im Narrativ der Relevanz, ein bisschen Verhältnismäßigkeit wahren und auch signalisieren, dass man fähig ist, die eigene Arbeit im Kontext möglicher Problemlagen (von denen Coaching nur einen Bruchteil abdecken kann) zu begreifen. Prinzipiell gilt: Coaching ist etwas, das man sich leisten können muss. Das gilt sowohl für den Coach als auch für diejenigen, die Coaching in Anspruch nehmen.

**In einer Online-Community für Unternehmer, Selbstständige und Führungskräfte wurde mir mit Bezug auf dieses Statement sinngemäß entgegnet: Man käme nicht daran vorbei, social-medialen Trends zu folgen und derart in die sog. "Sichtbarkeit" zu gehen. "Sichtbarkeit" sei, was sie sei, und "eine Währung, Aufmerksamkeit". Und der Algorithmus werde von Meta und Google gemacht, und das würde so bleiben.

Ich möchte an dieser Stelle nicht en detail auf meine einzelnen Antworten zu diesen Aussagen eingehen. Zur Vorbeugung von Missverständnissen aber erstmal so viel: Ich habe nirgendwo behauptet, Coaches sollten aufhören, online präsent zu sein oder online zu arbeiten. Ich arbeite selbst online und nutze Social Media. Mir geht es nicht um die Tatsache "dass", sondern die gegenwärtigen Standards "wie".

Außerdem: Es stimmt nicht, dass "Sichtbarkeit" ist, was sie ist. Deshalb setze ich das Wort in Anführungsstriche. "Sichtbarkeit" ist ein Konzept, inkl. einem Dogma davon, wie oft man wie wo wie viel posten "muss", damit man als seriöser Coach beurteilt wird. Immer mehr Coaches, die online "sichtbar" werden, "sehen" sich offenbar an, was andere Coaches online zeigen, und orientieren sich daran. So reproduzieren sich Brandings, Ansprache-Formeln, sogar Inhalte und (vermeintliche) Tools und Strategien der Problemlösung. Wie schon in meinem Blog-Beitrag geschrieben: Ich denke, dass die meisten der so auftretenden Coaches noch nie wirklich gecoacht haben. Und wo sie coachen, verwechseln sie das Stülpen von "Rezepten" auf ein Problem mit dynamischer, wo nötig auch individualisierter Lösungsfindung. "Sichtbarkeit" ersetzt kein Können; und wo Können sich zeigt, kann Sichtbarkeit (diesmal ohne Anführungsstriche) auf unterschiedlichste Art entstehen. Können, das gezeigt wird, wird immer gesehen. Logischerweise.

Abschließend: Das Zeitalter der Digitalisierung ist noch sehr jung. Entsprechend "jung" ist die Menschheit in der Auseinandersetzung mit digitalisierten Kommunikatons-, Präsentations-, Inzenierungs- und Informationsformaten. Erfahrungsgemäß erliegt die Menschheit bei technischen Neuerungen, die bahnbrechend sind, immer dem "Wahn der Machbarkeit". Die Geschichte ist voll davon. Aber sie ist auch voll von nachträglicher Relativierung und Mäßigung, sobald die Nachteile des Machbarkeitsexzesses zu groß werden. Es ist nicht gesagt, dass die Kriterien für "Sichtbarkeit", algorithmischen Erfolg etc. so bleiben werden, wie sie jetzt sind. Vor einigen Tagen postete jemand: Bei Coaches seien jetzt "Long Content"-Formate im Kommen, weil kurze Sachen "nicht mehr funktionieren". Ich antwortete: "Long Content" sei nicht im Kommen, sondern den gab es immer schon bei Leuten mit Inhalten bzw. Themen. Was jetzt passiert: Die Effekt-Spezialisten merken, dass kurzlebige aphoristische Effekte keine kaufwilligen Interessenten (oder nicht genügend) bringen. Schon gar nicht, wenn dahinter kein Inhalt oder noch heikler: kein Können steht. Vielleicht dauert es ab dato nochmal ein paar Jahre, bis man merken wird: "Content" zu machen, egal ob kurz oder lang, reicht nicht aus, um davon zu überzeugen, dass man coachen kann und weiß, wovon man redet. Vielleicht wird man dann wieder dahinkommen, dass das Internet gar nicht so relevant ist (was nicht heißt, dass es wieder irrelevant wird) – egal ob man online oder in Präsenz arbeitet. Vielleicht wird es einfach vorrangig wieder darum gehen, etwas zu können, das dem Namen Coaching im Kern entspricht. Ich halte nicht für unwahrscheinlich, dass dem digitalen Exzess eine digitale Müdigkeit bzw. exhaustion folgen wird. Bei manchen Menschen deutet sich solch eine Müdigkeit bzw. exhaustion schon an – oder hat schon bemerkbar Raum gegriffen.


©Foto pixabay

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