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AutorenbildBjörn Klein COACHING

Blog-Notiz: KI-Tools werden entweder das Coaching abschaffen, oder das Coaching wird sich an KI-Tools vorbei behaupten

Ich habe ChatGPT eben folgende Stichwörter gegeben:


"probleme von führungskräften"


Daraufhin hat ChatGPT folgenden Text ausgespuckt:


"Führungskräfte stehen oft vor komplexen Herausforderungen, die sich auf verschiedene Bereiche auswirken. Hier sind einige der häufigsten Probleme, mit denen Führungskräfte konfrontiert sind:


1. Kommunikationsprobleme

- Missverständnisse: Informationen können zwischen verschiedenen Hierarchieebenen oder Teams falsch übermittelt werden.

- Transparenz: Oft fällt es schwer, eine Balance zwischen Offenheit und notwendiger Zurückhaltung bei Informationen zu finden.


2. Mitarbeiterengagement und Motivation

- Motivation aufrechterhalten: Unterschiedliche Mitarbeitertypen brauchen unterschiedliche Ansätze, um motiviert zu bleiben.

- Burnout erkennen: Führungskräfte müssen frühzeitig Stresszeichen erkennen und darauf reagieren. [...]"


Der Text bietet noch 5 weitere Punkte mit jeweils einem oder zwei Spiegelstrichen.


Jedem Menschen, der einigermaßen mitdenkt, kann einleuchten, dass "Content" von Coaches immer wertloser werden wird, sofern er standardisierte Wissenspakete und Schrittfolgen abliefert. Denn solcher "Content" ist in der Regel geskriptet, und die Skripte lassen sich, wie das Beispiel hier zeigt, per ChatGPT oder anderen KI-Tools erstellen. Herauskommt, was man online "überall" von Coaches hört und liest (D. h. übrigens: Sich als Coach vorrangig am Vorbild anderer socialmedial Postender zu orientieren, ist schon fast ein bisschen obsolet). Um jetzt für die gelisteten Probleme von Führungskräften KI-generierte "Lösungen" zu kriegen, kann man die einzelnen Spiegelstriche einfach wieder mit einem klugen Befehl bei ChatGPT einfüttern. Dann wird man einen strukturierten Text dazu kriegen; und mit einem Hinweis wie "Formuliere die 'Lösungen' tauglich für die Aufnahme eines YouTube-Videos" o. ä., wird ChatGPT eine Textversion liefern, die sich an gesprochener Sprache von Coaching-"Content" orientiert. Das Ergebnis kann man dann einstudieren, abändern, wo man möchte, vor der Kamera aufsagen und zwischendurch mit ein paar spontanen Gimmicks tunen.

Mit anderen Worten: Man muss 0,0% coachen können, um sich oberflächenwirksam als Coach auf Social Media und auf einer eigenen Website zu inszenieren. Je abstrakter man die Kommunikation mit den Klient:innen, Kund:innen (oder wie man sie auch nennen will) hält, desto weiter kann man die Coaching-Attrappe ausbauen; vorausgesetzt, die KI liefert immer wieder Antworten, die als "seriös" durchgehen können. So weit muss man sich dann doch mit Coaching (oder mit dem, was man darunter mittlerweile promotet) auskennen, um das zweidimensional Brauchbare vom Unbrauchbaren zu unterscheiden. Also: Bei entsprechender Mittelbarkeit und Indirektheit des Austauschs zwischen Coach und Coachee (wenn man das Gegenüber so nennen will) lassen sich per KI sogar konkrete Antworten auf konkrete Fragen von Hilfesuchenden/-willigen generieren.

Ich bin davon überzeugt, dass bereits sehr viele Coaches bzw. Leute, die sich als solche ausgeben, derart vorgehen oder mit derlei Vorgehensweisen in ihrem "Content" bzw. auch in der "Betreuung" experimentieren. Zurzeit sehe ich 2 Wege, in die das münden kann:


1. KI wird über Kürzer oder Länger die Tätigkeit des Coachens in den meisten "klassischen" Coaching-Feldern unmöglich/unnötig machen. Immer mehr Leuten wird klar werden, dass sie von Online-Coaches nur noch KI-generierten Inhalt bekommen. Und dies würde das Treiben der Online-Coaches im Endeffekt völlig vertrauensunwürdig oder überflüssig machen. Denn warum sollte jemand für Vertrauensunwürdiges oder Überflüssiges Geld bezahlen? Vielleicht hieße dieses dubiose Etwas – wie jetzt zum Teil schon – zwar weiter Coaching, obwohl es gar nicht mehr um Coaching geht. Aber dann wäre Coaching eigentlich 'weg', und etwas Anderes, das keinen Nutzen mehr bei der Auflösung von Problemen etc. hergibt, hätte seinen Namen angenommen.


2. Die Online-"Content"-Coaches werden nach und nach wieder aus der Branche wegdunsten. Weil die potenziellen Klient:innen etc. verstehen, dass sie sich für "Content" nur einen eigenen Account bei ChatGPT anlegen und dort die richtigen Fragen und Anweisungen einspeisen müssen. Und weil sie verstehen, dass das, was Coaching im Kern bedeutet, fast überhaupt nichts mit "Content" im socialmedialen Sinn zu tun hat; und dass man, wenn man von Coaching profitieren will, mit Leuten arbeiten muss, die 'coachen können'. Und wer weiß: Vielleicht kann ChatGPT diese Frage ja auch schon (oder zurzeit noch) akkurat beantworten:


Woran erkenne ich einen fähigen Coach?


Was ich schon mal vorwegspoilern kann:


Am "Content" erkennt man ihn nicht. Sobald ChatGPT dies behaupten sollte, hat die KI schon das paradigmatische Narrativ verinnerlicht - und ihre eigene Rolle in der "Content"-Produktion noch nicht auf Grundlage geeigneter Daten eingeschätzt.

Durch KI wird es immer schwieriger, Unvergleichbares und Unverwechselbares bei Coaches zu finden. Daneben gilt gleichzeitig: Das Unvergleichbare und Unverwechselbare – was auch heißt: der vom "Content" abweichende "Content" – wird zum (vielleicht ausschlaggebenden) Indiz für eine Qualität, die zwar Coaching-Kompetenz auch nicht garantiert, aber zumindest wahrscheinlicher macht.

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